Nichtwähler & Nationalratswahl:
Wann ist eine Stimme verloren?
* wenn man gar nicht wählen geht und sein Wahlrecht
verfallen läßt,
* wenn man ungültig wählt,
Wann ist die Stimme zwar gültig, aber trotzdem für die
Demokratie "verloren":
* wenn man immer das Gleiche wählt und dabei
hofft, daß sich etwas ändert,
* wenn man nicht aus Überzeugung wählt,
sondern taktisch, und dann die Taktik eine falsche war.
* wenn man eine Partei wählt, die für
ein unfaires Wahlrecht ist und gegen Volksabstimmungen.
(z.B. SPÖ, ÖVP, Grüne,
teilweise FPÖ, usw.)
Wahlberechtigte NRW 2013: 6.384.331
Abgegebene Stimmen: 4.782.563 Wahlbeteiligung
74,9%
Nichtwähler: 1.601.768 Personen
Wahlverweigerung: 25,1%
Die Nichtwähler wurden bei der Nationalratswahl 2013 die stärkste
politische Kraft, mit 350.000 Personen Vorsprung auf die SPÖ und 475.000
Personen Vorsprung auf die ÖVP.
Nichtwähler sind Wahlerechtigte, die Ihr Wahlrecht nicht in Anspruch
nehmen.
Dabei gibt es im Wesentlichen drei Gruppen:
a) die Faulen, denen Ihre Freizeit wichtiger ist und Ämter
& Behörden meiden wo immer es geht
b) die Frustrierten, denen die ganzen Parteiapparate fürchterlich
am Nerv gehen. Sie fühlen sich von niemanden verstanden und vertreten.
Die Frustrieten wollen kein blödes Stimmvieh abgeben. Sie verweigern
aktiv die Teilnahme an Wahlen
c) die Unentschlossenen: Die würden zwar gerne wählen,
wissen aber nicht wen. Diese Gruppe könnten durch neue Parteien wieder
zu den Wahlurnen gelockt werden. Leider unterbinden die bisherigen Parlamentsparteien
ein Wahlsystem, wo neue Parteien ohne viel Startkapital mitmachen könnten.
Dazu müßte das Sammeln von Unterstützungserkläörungen
vereinfacht werden und der Durckkostenbeitrag für Stimmzettel entfallen.
Was die Nichtwähler meinen:
* 50% Politikern ginge es "doch nur um die eigene Karriere".
* 45% meinen: "Die Politiker haben kein Ohr mehr für die Sorgen
der kleinen Leute."
* 32% "Ich bin mit dem ganzen politischen System so unzufrieden, dass
ich nicht zur Wahl gehe."
* 25% die Parteiprogramme sind wenig ansprechend
* 22% keine Partei vertrete ihre Interessen
* 21% meinen, dass man "mit seiner Stimme ohnehin nichts bewirken kann".
* 20% sagen die Kandidaten nicht zu
* 19% meinen, die Parteien unterschieden sich zu wenig voneinander.
* 11% gehen wegen Krankheit oder Urlaub nicht zur Wahl
* 5% können sich einfach nicht zwischen den Parteien
entscheiden
* Nur sehr wenige der (gelegentlichen) Nichtwähler geben an, dass
sie aus organisatorischen Gründen - also wegen schlechter Erreichbarkeit
des Wahllokals oder wegen des Wahlsystems - nicht wählen,
ganzer Artikel => Der
Standard vom 21. Juli 2013
Eine kleine Typologie der Nichtwähler (Ö1 Diagonal,
14. Sept 2013, 17:05 Uhr)
zusammengestellt Stefan Kappacher:
* strukturelle Nichtwähler: demente Personen; gebrechliche
Leute; Migranten die noch nicht interessiert sind; weniger Vereine und
Familien die andere Leuten mitziehen würde; Leute die kaum gesellschaftlichen
Kontakt haben Qu.: Christoph Hofinger SORA-Institut
* Nichtwähler wider Willen: Personen, die kurzfristig erkrankt
sind oder verreisen müssen oder deren Stimmzettel zu spät einlangt.
Darunter fallen auch die "unechten Nichtwähler": Das sind Menschen,
die zwischen Erstellung des Wählerverzeichnisses und dem Wahltag verstorben
sind.
* Dauernichtwähler: Das sind die nicht interessierten Nichtwähler.
Sie haben das Gefühl, das die Politik nichts für sie macht.
* abgeklärte Nichtwähler: Die Entscheidungen fallen
sowieso und ich muß sie daher nicht beeinflussen.
* informierte Nichtwähler: Personen, die am politischen
Leben Interesse haben, die sich aber nicht für eine Partei entscheiden
können.
* wählende Nichtwähler: Das sind die ungültig
Wähler. Sie können dadurch auch die Wahl geringfügig beeinflussen.
* rechtlose Nichtwähler: Das sind Nichtwähler, da
sie nicht wahlberechtigt sind, z.B.:1 Million Menschen mit ausländischem
Pass, die zwar in Österreich leben, aber nicht Wählen dürfen
oder die nicht wahlberechtigten österreichischen Kinder bis zum Wahlalter.
Wie man die Wahlbeteiligung
wieder heben könnte:
* mehr Parteien am Stimmzettel zulassen, damit auch das Angebot / die
Auswahl für die Wähler größer wird.
* Zweitstimme: für die zweitbeste Alternative, ev mit halben Stimmengewicht
* Negativstimme: die man für Parteien vergeben könnte, die
man gar nicht will
* Strafen: fürs Nichtwählen: zB in Form einer Demokratieabgabe,
Beitrag für politische Bildung.
* Familienstimmrecht: Eltern könnten dann auch für ihre Kinder
wählen gehen.
Gültigkeit des Wahlergebnisses:
Die Nationalratswahl bleibt nach österreichischem Wahlrecht auch
dann gültig, wenn weniger als 50% der Wahlberechtigten wählen
gehen.
Theoretisch ist die Wahl auch dann gültig wenn es nur eine einzige
gültige Stimme gibt. Diese dann so gewählte Partei hätte
dann 100% der Mandate, somit 183 Abgeordnete !!! Die Legitimation der gewählten
Partei oder Person wäre dann aber dahin. Diese müßte nämlich
dann eingestehen, dass sie nur eine Person bzw x Personen vertritt und
nicht das österreichische Volk.
Das Korrektiv zu unfairen und nicht-repräsentativen Wahlergebnissen und Regierungsforemen sind dann Großkundgebungen. Diese führten schon oft zu politischen Umstürzen zB in Ostdeutschland. Im Extremfall gibt es dann sogar Aufstände (Bauernaufstände in Österreich), Revolutionen (Frankreich, Tunesien, Libyen) und Bürgerkrieg (Ägypten, Syrien).
Die Grundregel ist also: Je höher die Wahlbeteiligung,
desto höher ist auch die Aussagekraft des Wahlergebnisses und desto
stabiler ist das Ergebnis. Bei einer niedrigen Wahlbeteiligung ist das
Ergebnis sehr instabil und kann bei der nächsten Wahl schon wieder
ganz anders aussehen.
Was die Nicht-Wähler meistens vergessen oder ignorieren:
* Mit der Teilnahme an einer Wahl anerkennt man die Demokratie als
Herrschaftsform. Andernfalls bekommt ein Volk eine Diktatur oder ein absolutistisches
Königshaus oder Chaos durch Anarchie. In allen diesen Fällen
gibt es dann keinen wirklichen Rechtsstaat mehr. Dann herrschen Willkür,
Gewalt und Korruption in einem noch sehr viel größerem Ausmaß,
als in einer Demokratie.
* Der stärkste Protest eines Wahlberechtigten ist es, eine gültige
Stimme für eine Protestpartei abzugeben. Das bringt der Protestpartei
Mandate und Geld in Form von Parteiförderung. Damit kann die Protestpartei
effektiven Widerstand leisten und sogar für positive Dinge werben.
* Jede zusätzliche gültige Stimme für eine neue
Partei oder eine bisherige Oppositionspartei stärkt die Opposition
und schwächt das bisherige SPÖ-ÖVP-Macht- und Unterdrückungssystem.
(Die Frage ist aktuell nur, ob es zB unter der FPÖ oder Grüne
besser wäre. Dort wo FPÖ oder Grüne bisher mitregierten,
gab es noch NIE eine Volksabstimmung !!! Man müßte also andere
Protestparteien wie die Piratenpartei, Team Stronach, EU-Austrittspartei
wählen. Weitere Alternativen: Christliche Partei Österreichs,
Männerpartei oder Der Wandel.
Mehr Infos:
Der Wahnsinn des Nichtwählens
=> Blog
von Ulrich Lintl
Die Angst der Nichtwähler, ausgespäht zu werden:
... Wir haben vor nicht allzu langer Zeit ein Projekt gemacht, bei
dem wir versucht haben, diese 60 Prozent Nichtbeantworter durch allerlei
Tricks zu erreichen: Seelenmassage, kürzere Fragebögen, wiederholtes
Ansprechen per Post oder Telefon, besondere Gestaltung der Anschreiben.
Früher haben wir Fünf-Euro-Telefonkarten beigelegt und konnten
damit die Teilnahmequote tatsächlich steigern. In diesem Projekt haben
wir denen, die nicht antworten wollten, sogar 50 Euro bar auf die Hand
angeboten. ... Es gibt 30%, die möglicherweise noch nie von einer
Umfrage erfasst wurden in den letzten Jahren.
=> Die
Welt vom 20.9.2013
Systemkritische Nichtwähler ergänzen!
Sie könnten in Ihrer Aufzählung auch die systemkritischen
Nichtwähler reinnehmen.
Ich etwa finde, dass jede Partei verschiedene
Bereiche meiner Interessen besser vertritt als die anderen. Ich würde
also am liebsten jede von ihnen wählen, und nach meinem Willen sollten
alle im Parlament in einer Art ganz großer Koalition zusammenarbeiten.
(Um Machtmissbrauch zu vermeiden, müsste die Kontrolle dann extern
erfolgen.)
Auch finde ich die politische Debatte und
Rhetorik extrem unästhetisch und nervtötend, die ganze Polemik
müsste wegfallen, und das ginge nur, wenn alle zusammenarbeiten würden,
aber das tun sie nicht, weil sie im derzeitigen System um die Stimmen konkurrieren.
Desweiteren finde ich es belustigend, dass
anscheinend die Experten etwa im Wirtschaftsbereich sich uneinig über
ganz grundlegende und wichtige Fragen sind, und dass man dann die Laien
im Volk nach ihrer Meinung fragt, und diese oft sehr zufällige Entscheidung
soll dann besser sein als die von Universitätsprofessoren und sonstigen
Intelligenzbestien. (Das Problem hier ist natürlich, dass das Wirtschaftssystem
so kompliziert ist, dass das menschliche Gehirn es gar nicht mehr verstehen
kann, aber trotzdem würde ich diese Fragen lieber von Experten ausdiskutieren
lassen anstatt sie dem Volk nach emotionsgeladenen Wahlkämpfen zur
Abstimmung zu überlassen und dann dessen oft sehr fehlgeleiteten Entschluss
als heilige Kuh unhinterfragt umzusetzen.)
Meiner Auffassung nach ist die derzeitige
Demokratie etwas Vorläufiges, sicher besser als die früheren
Diktaturen und Monarchien, aber bei weitem nicht so gut, dass ich mich
dafür engagieren möchte. Und am besten tut man eine solche Haltung
eben kund, indem man gar nicht wählen geht.
Es würde ja sowieso seltsam aussehen,
wenn bei jeder Wahl immer 100 % hingehen, als ob wir ein Volk von braven
Mitmachern sind, die von den Politikern hellauf begeistert wären.
Und vermutlich gibt es zwei Entwicklungsmöglichkeiten,
entweder in Richtung Expertentum, und da in Richtung immer stärkere
Computerisierung. (In ein paar Jahren werden sie einen Computer von der
Rechenkapazität eines menschlichen Gehirnes haben, das heißt,
dass sie in ein paar Jahrzehnten einen Computer von der Rechenkapazität
hunderter menschlicher Gehirne haben, ich hoffe doch sehr, dass eine derart
dem Menschen überlegene Intelligenz unsere hochkomplexen Systeme besser
schaukeln kann als wir.) (Wird man aber wahrscheinlich etwas diskutieren
müssen, diesen Standpunkt, weil die meisten haben Angst vor der Weltherrschaft
der Maschinen, und falsche Vorstellungen davon.)
Die andere Richtung wäre durch Erfassen
der öffentlichen Meinung, durch Abstimmung über Sachfragen, nicht
durch Delegation dieser Abstimmungen an Parteien, oder durch Analysieren
der Standpunkte der Menschen, etwa alles, was im Internet steht oder sonstwie
in der öffentlichen Diskussion vorkommt.
Oder natürlich eine Kombination der beiden.
Ich hoffe, Sie können mit meinen Gedanken etwas anfangen.
Mit freundlichen Grüßen
Erich L. 19. September 2013
Nationalratswahl 2013 - Das Ergebnis steht fest, was kann ein kritischer
Bürger tun?
Zum Standardszenario:
"SP wird wieder, wie in 14 von bisher 20 NR-Wahlgängen vor der
VP liegen. Abgesehen vom Schüssel-Wahlkampf 2002 war die SP seit 1970
immer stärkste Kraft. Die Altparteien (SP/VP) werden wieder eine Koalition
bilden, die Strache-FP in der Rolle des stärksten Rabauken, die Grünen
Prognosekaiser bleiben, Stronach schafft den Einzug knapper als alle Vorhersagen
des Frühjahrs, BZÖ und NEOS scheitern an den 4%, die NEOS durchaus
achtbar, Piraten und Kommunisten rittern um den letzten Platz und bleiben
jeweils unter
der Zahl der ungültig Wähler.
Die größte Einzelgruppe werden erstmals - knapp aber doch
- die Nicht-Wähler. => ganzer
Artikel
RESUMEE:
Abgesehen vom Szenario "Aufstand der Kleinen", das sowohl bei den Parteien,
als auch bei den Wählern ein völlig neues politisches Verständnis
voraussetzt, gibt es kein noch so extremes Szenario, das eine SP/VP-Koalition
verhindern würde. Die neuen Parteien müssten sich als Bewegung
begeifen, die sich nicht zum Steigbügelhalter von SP/VP degradieren
lassen, sondern Mut haben, die zentralen Reformthemen über längere
Zeiträume auf der Agenda zu halten, Nicht-Parlamentarische Netzwerke
aufbauen und Überzeugungsarbeit leisten. Auch um den Preis dieses
Mal nicht am Regierungstopf mitzunaschen (was sich sowieso für keine
Kleinpartei ausgeht).
Und die Wähler müssten ihre Mitbeteiligung einfordern,
nicht zwei Monate vor der Wahl, sondern ab dem Tag nach der Wahl.
Da ich nicht an politische Wunder glaube, bleibe ich
- politisch wohl überlegt - zu Hause. Denn nach der Wahl ist vor
der Wahl und vielleicht kommt auch in Österreich irgendwann eine liberalmoderne
Bewegung an. Nicht nur ich, sondern viele hunderttausend Menschen wären
dafür bereit.
Hans G. Zeger (http://www.zeger.at)
10.9.2013